Stellenabbau ohne Kollateralschäden: ias-Expertenwissen für Führungskräfte
Diplom-Psychologe und Organisationsentwickler Oliver Meltz von der ias-Gruppe erklärt, wieso Kündigungen auch verbleibende Mitarbeitende belasten können und wie Führungskräfte dies mit den richtigen Kompetenzen verhindern.
Neuausrichtungen, Restrukturierungen, Personalabbau, – fällt in Unternehmen die Entscheidung, Mitarbeitenden zu kündigen, Teams zu verkleinern oder Abteilungen aufzulösen, kann dies in mehrfacher Hinsicht teuer werden: Denn wer nicht ausreichend klar kommuniziert und empathisch vorgeht, riskiert (hohe) Folgekosten. Etwa durch zusätzliche ungewollte Fluktuation oder innere Kündigungen von bleibenden Mitarbeitenden. Was den Unterschied macht? Eine überaus relevante Stellschraube, die aus einem herkömmlichen Kündigungsprozess entweder ein echtes „Worst“ oder nachhaltiges „Best“ Szenario“ macht: richtige Führung.
Doch was ist das eigentlich, gute Führung? Zunächst einmal bedeutet Führung Verantwortung zu übernehmen – für die Menschen die ein Unternehmen erst wettbewerbsfähig machen. Gute Führung erfordert Klarheit, Mut und Menschlichkeit. Sie drückt sich beispielsweise aus in Orientierung geben, Wertschätzung zeigen, Zusammenarbeit und Zusammenhalt stärken. Dies gilt in guten Zeiten, aber auch in schwierigen Zeiten. In Deutschland werden aktuell mehr Stellen abgebaut als geschaffen. Laut einer Befragung durch das Beratungsunternehmen Gallup sind nur 45% der Beschäftigten zufrieden und blicken positiv in die Zukunft. Dies kann auch an ungünstigem Führungshandeln im Kontext von Stellenabbauprozessen liegen, welches ein echter Risikofaktor für Unzufriedenheit, Sorge und Zukunftsangst ist. Besonders interessant: Tatsächlich betroffen sind von einem Stellenabbauprozess nicht nur die Gekündigten selbst.
Die Kündigung eines Teils der Beschäftigten kann die gesamte Organisation betreffen. Betrachten wir die mitunter negativen Folgen von Stellenabbau auch bei zwei weiteren Beschäftigtengruppen: den Bleibenden und den Führungskräften. Während die Gehenden möglicherweise unter Existenzangst leiden oder Identitätsverlust erleben, empfinden Führungskräfte innere Zerrissenheit, wenn sie gegen ihren eigenen Wunsch Menschen entlassen müssen, um einer Unternehmensstrategie zu folgen.
Es ist notwendig Führungskräfte zu befähigen, herausfordernde Situation wie Kündigungen professionell und zugleich empathisch zu meistern.
Ebenso können Führungskräfte Überforderung erleben, etwa wenn Ihnen die Erfahrungen und Methoden für das Führen schwieriger Gespräche fehlen. Führungskräfte sprechen die Kündigungen nicht nur aus, sondern sind im Anschluss daran auch dafür verantwortlich, mehr Arbeit auf weniger Beschäftigte zu verteilen. Damit sind wir auch schon bei den Bleibenden. Diese sollten erleichtert und motiviert sein, weil Sie ihren Arbeitsplatz behalten können? Das kommt ganz darauf an. So zeigen Studien, dass das Engagement von verbleibenden Mitarbeitenden durchaus signifikant sinken kann, wenn in Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut werden. Wie lassen sich Entwicklungen wie diese erklären? Mit fehlender Motivation, der falschen Einstellung und (zu viel) Empathie für die Gekündigten auf Seiten der Bleibenden? Oder doch eher mit unklarer Kommunikation und fehlenden Perspektiven für Bleibende auf Seiten der Führungsriege? Sicher ist, dass die Bleibenden sehr genau wahrnehmen, wie mit den gehenden Kollegen umgegangen wird. Wird der Prozess oder die Kommunikation als unfair empfunden, steigt die Wahrscheinlichkeit für Ärger und Frustration. Auch Sorge vor einem erhöhten Workload kann hier ausschlaggebend sein, insbesondere wenn ein klares Konzept für die Zukunft fehlt.
Klar sollte in jedem Fall sein, dass es sich bei dem „Faktor Mensch“ nicht um Programme oder Maschinen, sondern um Individuen mit Emotionen und Gefühlen handelt. Umso hilfreicher und notwendiger ist es folglich, Führungskräfte zu befähigen, herausfordernde Situation wie Kündigungen professionell und zugleich empathisch zu meistern. So können Kompetenzen in Bereichen wie Gesprächsführung, Resilienz, Stressbewältigung und Reflexion durch zielgerichtete Beratung und Coaching nachhaltig gefördert werden. Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen kann helfen, Belastungen der Beschäftigten und Lösungsmöglichkeiten zu identifizieren. Eine Teamentwicklung hilft Veränderungen gemeinsam zu verarbeiten und eine gemeinsame positive Perspektive für die Zukunft zu entwickeln. Kündigungen betreffen nicht nur Einzelne – sie sind für alle Beteiligten eine Belastung. Ein guter Grund, um Personalabbau auf organisationaler Ebene breiter zu denken, in gute Führung zu investieren und somit Kollateralschäden zu vermeiden.
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