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Gefahrstoffmanagement: Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO)

Gase, Dämpfe, Feinstaub – Messingenieure bestimmen Gefahrstoffe in der Luft. In der Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) sind sie präventiv im Einsatz und gewährleisten die Sicherheit beim Arbeitsprozess.

Praxisreport

Notfallmanagement, Gefahrstoffmessung, Beispiel, Erfahrungsbericht, Mineraloelraffinerie Oberrhein

Eine Welt ohne Passagierflugzeuge und Containerschiffe, in der nur Elektroautos auf den Straßen fahren – das wäre unsere Welt ohne Erdöl. Der Rohstoff ist Lebenselixier unserer Mobilität, Grundlage von Kraftstoffen und findet sich selbst in Verpackungen, Textilien oder Kosmetika. Doch mit Rohöl lässt sich noch kein Auto starten. Erst muss es in einer Raffinerie veredelt werden. 

Gefahrstoffmessungen helfen, gesundheitliche Risikofaktoren auszuschalten und unserer Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt gerecht zu werden.

Dr. Roger Peschla

Gefahrstoffbeauftragter bei MiRO

Schwarzes Gold, sensibler Rohstoff 

Eine der leistungsfähigsten Raffinerien Europas ist die MiRO in Karlsruhe: Jeder dritte Liter Benzin in Deutschland stammt von hier. Was aussieht wie ein Wirrwarr an silbernen Rohren und unzähligen Schornsteinen, ist eine hochkomplexe Industrieanlage, in der unzählige Prozesse ablaufen, um das schwarze Gold in seine begehrten Bestandteile wie Benzin, Diesel oder Heizöl zu zerlegen.
Die Verarbeitung stellt hohe Anforderungen an die Anlagen und an die Sicherheit der Mitarbeiter. Denn: „Rohöl ist ein Gefahrstoff. Wird es in seine Bestandteile zerlegt, entstehen zudem gasförmige Produkte und Nebenprodukte mit zum Teil gesundheitsbeeinträchtigenden und / oder entzündbaren Eigenschaften“, erklärt Dr. Roger Peschla, Ingenieur für Prozesssicherheit bei MiRO und Gefahr stoffbeauftragter der Raffinerie.

Damit Gefahrstoffe die geschlossenen Systeme nicht verlassen und Mensch wie Umwelt nicht gefährden, folgt MiRO einem strengen Sicherheitsprotokoll. Dazu gehört: „Wer in der Produktion tätig ist, wird zum Umgang mit Gefahrstoffen unterwiesen. Zudem finden jährlich Gefahrstoffkontrollmessungen statt, mit denen wir eventuelle Freisetzungen in die Luft kontrollieren.“ Seit rund 25 Jahren arbeitet MiRO mit Messingenieur Peter Maisch von der ias ­Gruppe zusammen.

Gefahrstoffe aufspüren

Messingenieur Maisch will mögliche Gefahrstoffe in der Luft unter realen Bedingungen bestimmen und stattet ausgewählte Raffineriemitarbeiter dazu mit hochsensiblen Messgeräten aus. So auch  Mario Hoyer. Der 1. Anlagenfahrer ist als sogenannter „Außenmann“ im Einsatz. Er kontrolliert die Außenanlagen, nimmt verschiedenste Einstellungen vor oder zieht Produktproben.

Notfallmanagement, Gefahrstoffmessung, Beispiel, Erfahrungsbericht, Mineraloelraffinerie Oberrhein
Dr. Roger Peschla (links) ist Gefahrstoffbeauftragter der Mineraloelraffinerie Oberrhein. Seit rund 25 Jahren arbeitet MiRO mit ias-Messingenieur Peter Maisch zusammen.
David Späth/Raufeld Medien

Mario Hoyer trägt das handygroße Messgerät während seiner kompletten Schicht. Parallel führt er ein Tätigkeitsprotokoll, auf dem er Zeitpunkt und Ort jeder seiner Tätigkeiten notiert. So lassen sich gegebenenfalls auffällige Werte später einem Arbeitsschritt zuordnen.
Durch die Auswertung im Labor erhält Messingenieur Maisch einen „personenbezogenen Schichtmittelwert der Gefahrstoffexposition“ und sieht, ob der Gehalt an Kohlenwasserstoffen oder Benzol in der Luft im grünen Bereich, also unter dem vorgeschriebenen Arbeitsplatzgrenzwert liegt. 

Verantwortung für Mensch und Umwelt 

Die Ergebnisse 2018 zeigen: Gesundheit und Umwelt sind nicht gefährdet. „Die gemessenen Werte lagen in den vergangenen Jahren deutlich unterhalb, in der Regel bei weniger als einem Zehntel der Grenzwerte“, bestätigt Dr. Peschla erfreut.

Er betont: „Nur was man misst, kann man managen. Die jährlichen Gefahrstoffmessungen sind ein fester Baustein unseres nachhaltigen Arbeitsschutz­ und Risikomanagements. Diese Präventionsmaßnahme hilft uns, gesundheitliche Risikofaktoren auszuschalten und unserer Verantwortung gegenüber den Menschen und der Umwelt gerecht zu werden.“ 

Interview: Gefahrstoffmessungen durch den Experten

Drei Fragen an Peter Maisch, seit 32 Jahren Sicherheitsingenieur und Messingenieur bei der ias und Leiter der Messstelle der ias AG in Karlsruhe.

"Wer muss eine Gefahrstoffmessung durchführen?
Arbeitgeber müssen mögliche Gefährdungen am Arbeitsplatz analysieren. Für Betriebe und Unternehmen, die mit Gefahrstoffen arbeiten, gelten in jedem Fall spezielle Sicherheitsbestimmungen. Hier ist eine Gefahrstoffmessung in der Regel erforderlich. Als Messingenieur kann ich quasi überall Gefahrstoffe in der Luft aufspüren: Kohlenwasserstoffe in der Raffinerie, Feinstaub auf der Baustelle oder Lösungsmittel in der Lackiererei.

Was ist der Arbeitsplatzgrenzwert?
Laut Gefahrstoffverordnung gibt der Arbeitsplatzgrenzwert (kurz: AGW) an, bei welcher Konzentration eines Stoffes keine akuten oder chronisch schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten sind. Die Einhaltung dieser Grenzwerte können wir durch Gefahrstoffmessungen belegen. Wird ein AGW überschritten, muss der Arbeitgeber umgehend handeln.

Was passiert bei Überschreitung eines Wertes?
Bei einer Grenzwertüberschreitung werden der entsprechende Arbeitsbereich sowie der Arbeitsablauf untersucht und der betreffende Mitarbeiter / Mess­Proband befragt. In manchen Fällen führen wir eine Wiederholungsmessung durch. Bestätigt sich das Messergebnis, sind Schritte zur Expositionsminderung erforderlich. Dies können technische Maßnahmen (z. B. Installation einer Arbeitsplatzabsaugung), organisatorische (z. B. Verkürzung der Expositionszeit) oder persönliche Schutzmaßnahmen (z. B. Verwendung von Atemschutzmasken) sein.

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