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Sicherheit auf der Schiene: Interview zur Ausbildung von Psycholog:innen für die Verkehrsbranche

Marielle Simon, Leiterin des neuen Ausbildungszentrums Verkehrspsychologie (Schiene), erklärt, wie die standardisierten Eignungsuntersuchungen der ias-Gruppe für faire Bewertungen sorgen und wieso diese Verkehrsunternehmen auch wirtschaftlich entlasten.

Wer Fahrgäste befördert, trägt viel Verantwortung – sowohl für die Menschen, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, als auch für sich selbst. So erfordern Berufe in der Verkehrsbranche neben einem grundlegenden Verständnis für Technik und Sicherheit auch ein passendes Leistungsvermögen sowie ein gewisses Maß an Stressresistenz. Ob Bewerber:innen speziell für den Bahnbetrieb geeignet sind, bewerten die Verkehrspsycholog:innen der ias-Gruppe. Marielle Simon leitet das neue Ausbildungszentrum Verkehrspsychologie (Schiene) am Standort Frankfurt und arbeitet neue Kolleg:innen in das komplexe Aufgabenfeld der Eignungsdiagnostik ein.

Unsere Aufgabe ist es, geeignete Kandidat:innen für Unternehmen aus dem Verkehrssektor als solche zu identifizieren und damit Sicherheit im Bahnbetrieb zu gewährleisten.

Sie erklärt: „Als Verkehrspsycholog:innen führen wir für Unternehmen aus dem Verkehrssektor diagnostische Eignungsuntersuchungen mit Test- und Interviewverfahren durch. Hierbei verwenden wir unterschiedliche Verfahren, um Leistungen und Fähigkeiten der Bewerber:innen zu überprüfen, wie zum Beispiel die Konzentrationsfähigkeit oder die Gedächtnisleistung. Wir tragen also eine große Verantwortung.“ Bei der Durchführung der Eignungsprüfungen sind die Verkehrspsycholog:innen der ias-Gruppe aus diesem Grund nicht nur an rechtliche Regularien und Vorgaben wie die Triebfahrzeugführerscheinverordnung (TfV), die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) sowie die Rahmenrichtlinie 107 der Deutschen Bahn gebunden, sondern folgen auch den Qualitätsanforderungen für berufsbezogene Eignungsdiagnostik, die in der DIN 33430 verankert sind. 

Im Interview erläutert Marielle Simon das Konzept des neuen Ausbildungszentrums, gibt Einblicke in den Ausbildungsalltag und erklärt, welchen Nutzen Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen für Unternehmen haben.

Frau Simon, im neuen Ausbildungszentrum Verkehrspsychologie (Schiene) sollen Verkehrspsycholog:innen effizienter und zügiger eingearbeitet werden. Welche Neuerungen stecken hinter dem Konzept?

Unser Anspruch ist es, eine qualitativ hochwertige, verlässliche und einheitliche Diagnostik durchzuführen. Daher ist eine gute Einarbeitung unverzichtbar. Eine umfassende und anspruchsvolle Einarbeitung benötigt viel Zeit und Ressourcen. Bislang waren die Standorte selbst für die Einarbeitung ihrer neuen Kolleg:innen zuständig. Erfreulicherweise konnten wir in den letzten Jahren einige neue Kolleg:innen für Psychologie der ias-Gruppe gewinnen. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass die Einarbeitung während des laufenden Tagesgeschäfts eine Zusatzbelastung für bestehende Mitarbeitende sein kann. Mit der wachsenden Mitarbeiterzahl wurde es immer schwerer, die Ansprüche an die Einarbeitung in den Arbeitsalltag zu integrieren. So entstand die Idee, die Einarbeitung zu zentralisieren und aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen. Seit 2025 gibt es daher ein zentrales Onboarding - die ias Akademie in Berlin und speziell für die Verkehrspsychologie das Ausbildungszentrum Verkehrspsychologie (Schiene) in Frankfurt. Somit haben wir eine Institution geschaffen, die deutschlandweit für die Einarbeitung neuer Verkehrspsycholog:innen verantwortlich ist. 

Es sollte für die Bewerber:innen keinen Unterschied machen, ob sie in Nord- oder Süddeutschland untersucht werden. 

Marielle Simon

Ausbildungsleitung Verkehrspsychologie (Schiene)

Die zentrale Einarbeitung im Ausbildungszentrum sorgt dafür, dass sich Prozesse noch stärker angleichen, und trägt damit zur bundesweiten Qualitätssicherung unserer diagnostischen Arbeit bei. 

Wie sieht der typische Ablauf der Einarbeitung im Ausbildungszentrum Verkehrspsychologie (Schiene) aus – und welche Schwerpunkte setzen Sie dabei?

Die Einarbeitung in die Verkehrspsychologie verläuft nach einem Blockmodell. Der typische Ablauf sieht so aus, dass die/der neue Kolleg:in zu Beginn der Einstellung erst einmal Zeit hat, den eigenen Standort und das Team dort kennenzulernen und anzukommen. Nach der Phase des Ankommens geht es nach Frankfurt in das Ausbildungszentrum. Hier wird die/der neue Kolleg:in dann ein paar Wochen verbringen und fokussiert und zielgerichtet mit der Verkehrspsychologie vertraut gemacht. In den folgenden Wochen und Monaten wird sie/er immer wieder einzelne Wochen in Frankfurt verbringen und das Gelernte dann wieder am eigenen Heimatstandort umsetzen und vertiefen. Währenddessen absolviert die/der neue Kolleg:in Abnahmeprüfungen, die ihren Wissenszuwachs messbar machen. Die Schwerpunkte der Einarbeitung liegen im Aufbau der theoretischen Kenntnisse rund um rechtliche Rahmenbedingungen, die Besonderheiten im Schienenverkehr und diagnostische Grundprinzipien sowie auf der praktischen Verknüpfung mit dem tatsächlichen Untersuchungsgeschäft. 

Im Rahmen der Einarbeitung ist es auch wichtig, die für uns fachfremden Berufe im Schienenverkehr einmal aus der Nähe zu sehen. Daher haben wir das Interesse, dass unsere neuen Kolleg:innen durch Hospitationen direkt bei unseren Kunden die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Bahnbetrieb kennenlernen und so besser beurteilen können. Wir freuen uns daher immer darüber, wenn unsere Kunden es uns möglich machen, bei ihnen vorbeizuschauen. 

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie in der Praxis für junge Psycholog:innen, die in die verkehrspsychologische Arbeit einsteigen möchten?

Die Herausforderung sehe ich darin, dass spezifisch der Schienenverkehr für viele Psycholog:innen ein Bereich ist, mit dem sie noch keine Berührungspunkte hatten. Es geht also nicht nur darum, Leistungstests durchzuführen und auszuwerten, sondern auch deren Tragweite einschätzen zu können. Letztendlich tragen wir mit unseren Entscheidungen zur Sicherheit im Gleisbereich bei. Das sehe ich aber auch gleichzeitig als Chance. Wenn man die Zusammenhänge richtig verstanden hat, bietet das Feld der Verkehrspsychologie die Möglichkeit, psychologisches Grundlagenwissen anzuwenden und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Das kann richtig Spaß machen!

Inwieweit sind psychologische Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen ein Faktor, wenn es darum geht, dem Fachkräftemangel in der Verkehrsbranche entgegenzuwirken?

In den psychologischen Eignungsuntersuchungen geht es darum, zu prüfen, ob eine Passung zwischen der Person und dem gewünschten Beruf vorliegt. Diese Passung ist wichtig, wenn wir Menschen dauerhaft gesund bleiben wollen und Freude bei der Arbeit haben möchten. Ein Beruf, der gut zu mir passt, beflügelt mich und motiviert mich zu guter Leistung. Und wenn ich zufrieden mit meiner Arbeit bin, dann bleibe ich natürlich auch dabei und trete eine Verbindung mit meinem Arbeitgebenden ein. Die psychologischen Eignungsuntersuchungen sind also auch dazu da, Überforderungen im Arbeitskontext und somit auch Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Durch eine gute Vorauswahl sparen unsere Kunden zudem Kosten ein, welche sie in die Ausbildung von Fachkräften investieren würden, die für den Beruf aber eigentlich nicht geeignet sind. Sie wirken somit bestenfalls einer hohen Fluktuation entgegen und wirtschaften vorausschauender sowie nachhaltiger. 

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