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Was den Unterschied macht

Dass Männer und Frauen unterschiedlich erkranken und genesen, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Welche Weichen jedoch geschlechtsspezifisch gestellt werden können, um Krankheiten zu vermeiden, erklärt Dr. Anne-Kathrin Collisi, leitende Ärztin der ias PREVENT Berlin.

Frauengesundheit

Dr. Anne-Kathrin Collisi

Leitende Ärztin ias PREVENT Berlin, Mitglied der Geschäftsleitung, Fachärztin für Innere Medizin, Gesundheitsförderung und Prävention (BÄK) Ernährungsmedizin (DGEM) Fachgebundene genetische Beratung (BÄK), Hautkrebsscreening

Portrait Dr. Anne-Kathrin Collisi

Warum ist es für Frauen so wichtig Prävention geschlechtsspezifisch zu betrachten und zu beraten?

Frauen und Männer haben unterschiedliche biologische, psychologische und soziale Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen und ein unterschiedliches Risikopotential von Erkrankungen tragen können. Vorsorge und präventiv medizinische Maßnahmen sollten entsprechend geschlechts- und risikospezifisch priorisiert werden. Die Check-up-Untersuchungen geben einen aktualisierten, geschlechtsspezifischen Blick auf den aktuellen Gesundheitszustand und die Möglichkeiten, diesen mit entsprechenden personalisierten Maßnahmen zu erhalten.

Ergänzend zur Beratung zu den gesetzlich verankerten Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, wird ein persönlicher Fahrplan für die Klientinnen erarbeitet. Ein besonderer Bestandteil ist die Beratung hinsichtlich Krebsvorsorge, also Brustkrebsvorsorge, Gebärmutterhalskrebsvorsorge und Darmkrebsvorsorge.

 

Für Frauen besonders gefährlich: Bluthochdruck, Rauchen und Diabetes

Das Herzstück, im Wortsinn, ist die umfangreiche Diagnostik hinsichtlich Herz-Kreislauf-Risikofaktoren. Sie gehören mit 35,2 % zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland (Quelle Statistisches Bundesamt).

Bei Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie

  • Bluthochdruck
  • Zuckerkrankheit Diabetes
  • Fettstoffwechselstörung
  • Bauchbetontes Übergewicht und
  • Rauchen
  • Stressbelastung

gibt es deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede, die häufig noch unzureichend bei der Diagnostik und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen berücksichtigt werden. So sind beispielsweise Bluthochdruck, Rauchen und Diabetes für Frauen noch gefährlicher als für Männer.

Bluthochdruck

Hypertonie gehört zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Auch hier gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede. Eine wichtige Rolle spielt hier das Alter: In jüngeren Jahren ist der Blutdruck bei Frauen in der Regel zwar geringer als bei Männern, er steigt jedoch im weiteren Verlauf stärker und schneller an als bei Männern. Etwa im Alter von 60 Jahren haben die Frauen die Männer „überholt“ und der Anstieg von Bluthochdruck bei Frauen ist exponentiell.

Mehr als jede zweite Frau entwickelt nach den Wechseljahren Bluthochdruck.

Dr. Anne-Kathrin Collisi

Eine Ursache hierfür ist der in den Wechseljahren sinkende Östrogenspiegel im Blut. Das weibliche Geschlechtshormon hält die Blutgefäße vor den Wechseljahren elastisch, wirkt dadurch blutdrucksenkend und schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch ein nur gering erhöhter Blutdruck ist bei Frauen im Vergleich zu Männern mit dem doppelten Risiko einer akuten Herzkranzgefäßerkrankung im mittleren Lebensalter verbunden.

Neuere Studien zeigen, dass bei Frauen auch der sogenannte Pulsdruck rascher ansteigt als bei Männern. Der Pulsdruck ist die Differenz vom systolischen (oberen) und diastolischen (unteren) Blutdruckwert. Dieser ansteigende Pulsdruck zeigt die nachlassende Elastizität der weiblichen Blutgefäße und damit das höhere Risiko von Frauen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für einen Schlaganfall. Dieser frühe Risikomarker „Gefäßelastizität“ kann durch ein spezielles Messverfahren wie die Pulswellenanalyse bestimmt werden. Dadurch kann ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig erkannt und eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden. Frauen versterben insgesamt häufiger als Männer an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Illustration Blutzucker-Messung AdobeStock/VectorMine

Zuckerkrankheit Diabetes

In Deutschland gibt es aktuell mehr als 8,5 Millionen Menschen mit Diabetes und die Zahlen werden in den nächsten Jahren massiv steigen. Diabetes mellitus ist ein besonders wichtiger Risikofaktor, der das Auftreten einer Herzkranzgefäßerkrankung bei Frauen stärker fördert als bei Männern.

Altersabhängig erhöht er bei Frauen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um das 5- bis 7-fache, bei Männern um das 3- bis 4-fache.

Häufige zusätzliche Faktoren wie Übergewicht, chronische Entzündungen, ungünstige Veränderungen im Blutgerinnungssystem und in der Gefäßfunktion bedingen wahrscheinlich dieses höhere Risiko bei Frauen mit Diabetes. Auch die Frühstadien des Diabetes (Prädiabetes), die bereits mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergehen, unterscheiden sich ebenfalls bei Männern und Frauen. Die Kenntnis dieser geschlechtsspezifischen Unterschiede sind entscheidend, um eine individuelle Prävention zu gewährleisten.

Der Gesundheits-Check-up bei ias PREVENT beinhaltet spezielle Untersuchungen des Zuckerstoffwechsels, um eine Zuckerstoffwechselstörung in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen. In diesen frühen Stadien lässt sich durch geeignete Maßnahmen die Entwicklung eines Diabetes noch verhindern.

Bauchbetonten Übergewicht

Bei einer bauchbetonten Fettverteilung („Apfeltyp“) ist das Risiko für Stoffwechselerkrankungen höher als bei Fettpolstern an Gesäß und Beinen („Birnentyp“). Ab einem Bauchumfang von 80 Zentimetern bei Frauen und von 94 Zentimetern bei Männern gilt das Risiko für Folgekrankheiten wie Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Typ-2-Diabetes als erhöht. Ab einem Bauchumfang von 88 Zentimetern bei Frauen und 102 Zentimetern bei Männern beginnt die sogenannte bauchbetonte Adipositas, die das Risiko für die genannten Folgekrankheiten deutlich erhöht. (World Health Organization (2011) Waist Circumference and waist- hip ratio: report of a WHO expert consultation, Geneva, 8-11 December 2008)

Zu den geschlechtsspezifischen Aspekten und welche persönlichen Maßnahmen entscheidend sind, um ein bauchbetontes Übergewicht zu verhindern oder ein bereits vorhandenes abzubauen, wird ausführlich in den Check-ups und in den Health Coachings beraten.

Rauchen

Frauen sind biologisch vulnerabler für Nikotin und die Rauchinhaltsstoffe, weshalb sie ein dreifach erhöhtes Herzinfarktrisiko gegenüber nicht rauchenden Frauen haben. Die zusätzliche Einnahme der „Pille“ erhöht das Risiko weiter. Bei rauchenden Männern besteht "nur" ein doppelt so hohes Risiko. Dabei kommt es nicht auf die Anzahl der Zigaretten an.

Das weibliche Herz-Kreislauf-System scheint sensibler auf Stress zu reagieren als das männliche

Auch die Stressbelastung spielt bei Frauen eine Rolle in der Entstehung von Herzerkrankungen. Ein Beispiel hierfür ist die stressinduzierte Tako-Tsubo-Kardiomyopathie, auch „broken-heart-Syndrom“ genannt. Ausgelöst durch emotionalen Stress, große Trauer oder auch große Freude, kann wohl durch Stresshormone bei bestehender Prädisposition eine lebensgefährliche Notfallsituation verursacht werden, die mit heftigen Brustschmerzen eine mit einem Herzinfarkt vergleichbare Symptomatik hat.

90 % der Patient:innen sind Frauen nach der Menopause. Der Abfall des schützenden Östrogens in den Wechseljahren macht Frauenherzen besonders vulnerabel. Chronischer psychosozialer Stress führt besonders bei Frauen häufig zu Depressionen, die wiederum einen wichtigen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere den Herzinfarkt, darstellen.

Mehr als die Hälfte aller Frauen über 50 erkranken an Osteoporose

Eine weitere Volkskrankheit, die noch immer nicht adäquat diagnostiziert und behandelt wird, ist die Osteoporose. Mehr als die Hälfte aller Frauen über 50 erkranken an Osteoporose, das sind mehr Frauen als an Brustkrebs Erkrankte. Bei der Osteoporose (umgangssprachlich Knochenschwund) wird die Knochensubstanz abgebaut, die Belastbarkeit lässt nach, der Knochen wird immer poröser und es entstehen Knochenbrüche, die häufig, wenn sie im Wirbelsäulenbereich auftreten, sogar unbemerkt bleiben.

Darmkrebs

Männern wird i.d.R. ab dem 50. Lebensjahr eine Darmspiegelung empfohlen, Frauen hingegen erst fünf Jahre später. Die statistische Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, ist bei einem 50-jährigen Mann höher als bei einer gleichaltrigen Frau. Gründe dafür könnten im Lebensstil liegen. Im Vergleich zum weiblichen Geschlecht, ernähren sich Männer häufig ungesünder, trinken mehr Alkohol, rauchen häufiger und sind Diabetiker. Wahrscheinlich spielen auch weibliche Hormone als unterschätzter Schutzfaktor eine zentrale Rolle. Hier gilt es weitere Untersuchungen und Studien abzuwarten, um die fast doppelte so häufige Zahl an Darmkrebsdiagnosen bei Männern zu erklären.

Hier gilt es Vorsorgemaßnahmen und Früherkennungsmaßnahmen, wie den iFOB-Test, zu nutzen. Im Gesundheits-Check-up der ias PREVENT ist diese Art der Darmkrebsvorsorge Bestandteil der Laboruntersuchungen.

Obwohl Darmkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland ist und gleichzeitig die höchsten Heilungschancen bei Früherkennung hat, nehmen nur etwa 20 % der Bevölkerung das Angebot der Darmkrebsvorsorge wahr. 

Angebote zur Krebsfrüherkennung bei Männern und Frauen auf einen >> Blick.

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