Sommerferien: Entspannung planen, Erkrankungen vorbeugen
Die Sommerferien bieten eine ideale Gelegenheit, zu reisen, neue Kulturen kennenzulernen und Zeit mit der Familie zu verbringen. Häufig jedoch wird diese erholsame Zeit durch das Auftreten von Erkrankungen getrübt. Durch geeignete präventive Maßnahmen lassen sich viele dieser Gesundheitsrisiken deutlich reduzieren.

Dr. Daniela Ciochina
Fachärztin für Arbeitsmedizin und Innere Medizin
Reisemedizin (DTG) Strahlenschutz
Bremen/Nds NW und Hamburg/Schleswig-Holstein

Leisure Sickness – Krankheit zum Ferienstart
Ein nicht seltenes Phänomen ist das sogenannte „Leisure Sickness“ (Freizeitkrankheit), das vor allem in den ersten Urlaubstagen auftritt. Wissenschaftliche Studien führen dies auf eine Dysregulation des neuroendokrinen Stresssystems zurück, bedingt durch die abrupt abfallende Cortisolproduktion nach einer Phase intensiver Arbeitsbelastung. Um Leisure Sickness vorzubeugen, empfiehlt Dr. Daniela Ciochina, Fachärztin für Arbeits-, Innere und Reisemedizin, ausreichend Zeit für die Urlaubsplanung und das Packen einzuplanen, um Stress vor der Abreise zu minimieren. Es wird geraten, mindestens ein bis zwei Tage zwischen dem letzten Arbeitstag und der Abreise einzuplanen, um dem Körper eine allmähliche Adaptation an den Urlaubsmodus zu ermöglichen.
Reisekrankheit, Thromboserisiko und Jetlag
Reisekrankheit (Kinetose), charakterisiert durch Symptome wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, tritt insbesondere bei Reisen mit Auto, Bus, Schiff oder Flugzeug auf. Die Einnahme von Dimenhydrinat-haltigen Präparaten (z. B. Kaugummis, Tabletten) kann zur Linderung beitragen, wobei als häufigste Nebenwirkung Sedierung zu berücksichtigen ist.
Langstreckenflüge (>4 Stunden) bergen ein erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien, unabhängig von Alter oder Grunderkrankungen. Laut aktuellen Empfehlungen sollten Reisende auf eine regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme (mindestens 125 ml alle 2 Stunden) achten, auf Alkohol und koffeinhaltige Getränke verzichten und durch häufiges Aufstehen sowie Mobilisationsübungen Thrombosen vorbeugen.
Beim Thema Jetlag gilt: Reisen nach Osten verkürzen den Tag und erfordern eine frühzeitige Anpassung des Schlaf-Wach-Rhythmus durch rasches Zubettgehen. Reisen nach Westen verlängern den Tag, weshalb empfohlen wird, sich direkt dem lokalen Rhythmus anzupassen, sich tagsüber im Freien aufzuhalten und sich der Ortszeit entsprechend schlafen zu legen.

Reiseberatung und Impfungen
Vor Reisen in tropische oder subtropische Regionen sollte unbedingt eine reisemedizinische Beratung erfolgen, idealerweise 4 bis 6 Wochen vor Abreise, um individuelle Empfehlungen zur Malariaprophylaxe, zu anderen vektorübertragenen Erkrankungen sowie zu erforderlichen Impfungen zu erhalten. Gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) sollten alle Reiseschutzimpfungen mindestens 14 Tage vor Abflug abgeschlossen sein.
Dr. Daniela Ciochina betont: „Besonders bei Reisen mit Kindern ist eine gut ausgestattete Reiseapotheke essenziell, da die medizinische Versorgung am Urlaubsort unzureichend sein kann.“
Checkliste für die Reiseapotheke
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Fieber & Schmerzen
Fieberthermometer, Paracetamol (keine Acetylsalicylsäure, da diese bei hämorrhagischen Fiebererkrankungen das Blutungsrisiko erhöht), ggf. Ibuprofen nur nach Rücksprache.
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Verletzungen
Antiseptika, sterile Wundauflagen, Mull- und elastische Binden, Pflaster, medizinische Schere, Splitterpinzette.
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Magen-Darm-Beschwerden:
Medikamente gegen Sodbrennen, Verstopfung sowie orale Rehydrationslösungen bei Durchfall oder Erbrechen.
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Insektenschutz:
Repellents auf DEET-Basis (mindestens 30 %, ideal 50 %), Antihistaminika-Gele zur Linderung von Insektenstichreaktionen.
Hygiene und Ernährung in den Tropen
Für Reisen in tropische Gebiete gilt die bewährte Regel: „Cook it, peel it, boil it or forget it.“ Rohes oder unzureichend gegartes Fleisch, Fisch oder Eier sollten strikt gemieden werden. Obst und Gemüse sollten gewaschen und geschält werden. Besondere Vorsicht ist beim Konsum von Speisen an Straßenständen geboten.
Sonnenschutz und Kleidung
Ein Lichtschutzfaktor von mindestens 50 wird empfohlen. Helle, langärmelige Kleidung schützt sowohl vor UV-Strahlung als auch vor Insekten. Dr. Ciochina rät: “Sonnenschutz nach dem Duschen aufzutragen und den Insektenschutz anschließend auf nicht bedeckte Hautstellen zu applizieren.”

Regionale reisemedizinische Risiken:
- Afrika: Hohe Malariagefahr erfordert je nach Region eine Chemoprophylaxe oder Standby-Medikation. Eine Gelbfieberimpfung ist bei Reisen in bestimmte Länder obligatorisch. Süßwasserkontakt (z. B. Schwimmen in Seen oder Flüssen) kann zur Bilharziose führen und sollte vermieden werden.
- Südostasien: Risiko für Krankheiten wie Japanische Enzephalitis, Dengue und saisonale Malariagebiete. Auch sexuell übertragbare Infektionen kommen gehäuft vor; Safer-Sex-Praktiken sind essenziell.
- Südamerika: Dengue- und Zika-Viren sind endemisch. Aufgrund des Risikos für kongenitale Zika-Infektionen wird Paaren mit Kinderwunsch von einer Reise in betroffene Regionen abgeraten bzw. eine Schwangerschaft sollte für mindestens 6 Monate nach Rückkehr vermieden werden.
- Atlantik- und Pazifikküsten Südamerikas: Durchgehend hohes Risiko für Malariainfektionen ohne saisonale Unterbrechung.
Nach der Rückkehr
Treten innerhalb der ersten Wochen nach Rückkehr Symptome wie Fieber, Hautausschläge oder anhaltende gastrointestinale Beschwerden auf, sollte umgehend eine ärztliche Abklärung, idealerweise in einer infektiologischen oder tropenmedizinischen Ambulanz, erfolgen. Auch bei asymptomatischen Rückkehrern nach längeren Tropenaufenthalten ist eine Kontrolluntersuchung sinnvoll.
Reisemedizin - Beratung, Vorsorge, Impfung
