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Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice

ias-Psychologe Dr. Patrick Bacherle und Kollegin Rosanna Brand wissen: In Coronazeiten braucht es mehr als die gängigen Homeoffice-Ratschläge, um Herr bzw. Frau der Lage zu bleiben. Ihre Tipps geben sie in einem neuen Online-Seminar weiter.

Arbeiten in Zeiten von Corona

Homeoffice

Wie unterscheidet sich das jetzige Arbeiten im Homeoffice in Zeiten der Corona-Krise, vom generellen Arbeiten im Homeoffice. Gibt es überhaupt Unterschiede?

Rosanna Brand: Das Homeoffice unterscheidet sich vor allem dadurch, dass gewöhnlicherweise die Kinder und der Partner nicht immer da sind. Oft geht es um eine Phase von höchstens mehreren Tagen, an denen die Leute im Homeoffice arbeiten, auf die aber wieder Tage im Büro folgen, so dass Besprechungen auch in die Zeit außerhalb des Homeoffice gesetzt werden können. Während sonst diejenigen im Homeoffice arbeiten dürfen, die das gern tun wollen, weil sie vielleicht manchen Arbeiten produktiver nachgehen können, müssen jetzt mit einem Mal alle im Homeoffice arbeiten, ob sie wollen oder nicht. Und das unter organisatorisch denkbar schwierigen Rahmenbedingungen.

Warum ist es wichtig, sich als Führungskraft die Unterschiede zwischen „klassischem“ Homeoffice und „Corona“ Homeoffice  zu vergegenwärtigen?

Dr. Patrick Bacherle: Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass der Mitarbeiter in keiner normalen Situation ist. Und dass die Regeln, die sonst gelten, wenn man mit dem Mitarbeiter Homeoffice vereinbart vielleicht außer Kraft treten müssen. Man muss jetzt viel kommunizieren, um die Erwartungen an die tatsächliche Realität anzupassen. Diejenigen Mitarbeiter, die Kinder betreuen, können nicht dasselbe leisten, wie in Zeiten, in denen sie nicht in dieser Ausnahmesituation sind. Führung, die sehr kontrollastig geführt hat, steht jetzt vor einer großen Herausforderung. Nämlich der zu vertrauen. Erfolgreiche Führung auf Distanz basiert aber auf Vertrauen.

Was kann der einzelne Mitarbeiter tun, um im Homeoffice nicht die Kontrolle zu verlieren?

Brand: Die in den Medien viel empfohlenen Routinen sind sicher eine Hilfe. Wir würden aber auch eine klare Kommunikation empfehlen. Das heißt, als Mitarbeiter zu formulieren, wann man erreichbar, aber wann man auch nicht erreichbar ist und sich dann auch selbst daran zu halten. Das gilt nicht nur für Kollegen, sondern auch für den Partner, der mit einem im Haushalt vielleicht Kinder betreut und der auch im Homeoffice arbeitet. Weiter kann man nur empfehlen, die eigenen Erwartungen an ein realistisches Maß anzupassen: Sich die Arbeit in gut zu bewältigende Pakete aufzuteilen, die einem noch Raum für Erfolgserlebnisse lassen.

„Corona-Homeoffice“ versus Homeoffice - die Unterschiede

  1. Kinder und Partner sind auch im Haushalt.

  2. Arbeitsplätze sind nicht ergonomisch eingerichtet.

  3. Angst vor Arbeitsplatzverlust/Kurzarbeit treibt viele um.

  4. Finanzielle Einschränkungen durch Kurzarbeit oder Kündigung des im Haushalt lebenden Partners.

  5. Der Mix aus Homeoffice und Büro fehlt. Man kann Besprechungen nicht auf Bürotage vertagen.

  6. In der Freizeit sind keine physischen Kontakte erlaubt, das macht es auch schwerer abzuschalten, als im „klassischen“ Homeoffice.

  7. Das Homeoffice in der jetzigen Situation wurde adhoc entschieden. Das bedeutet, dass viel mehr Menschen, die sich nicht selbst dafür entschieden haben, jetzt mit neuen Technologien arbeiten und ihre Zeit selbst managen müssen. Viele fühlen sich darauf nicht vorbereitet.

Warum haben Sie die Online-Seminare aufgesetzt? Was sind dringende Fragen der Kunden gewesen?

Dr. Bacherle: Wir forschen zu dem Thema Digitalisierung und Prävention seit zwei Jahren in dem Projekt PräDiTec. Diejenigen, die das Online-Seminar aufgesetzt haben, sind alle in dem Projekt aktiv. Sie kennen die Fragen der Unternehmen und forschen dazu, wie man den Stress, der durch die Anwendung digitaler Technologien entsteht, verringern kann. In der jetzigen Situation wollten wir unser Wissen den Kunden zur Verfügung stellen. Wobei man da zu jedem der einzelnen Aspekte wieder ein Online-Seminar anbieten könnte. In das Online-Seminar fließen außerdem unsere Coachingerfahrungen etwa zum Thema Zeitmanagement ein und auch Antworten auf Fragen, mit denen unsere Kunden, die plötzlich vor der Herausforderungen standen, ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken, auf uns zugekommen sind. Einen Teil der Fragen, die wir im Online-Seminar behandeln, sind aber auch durch unsere eigenen jetzigen Erfahrungen zustande gekommen. 

Kann es Sinn ergeben als Führungskraft beide Online-Seminare zu besuchen? Warum? 

Brand: Es ist als Führungskraft auch sinnvoll, an dem Termin für Mitarbeiter ebenfalls teilzunehmen, weil Führungskräfte einer Dreifachbelastung ausgesetzt sind: Sie gestalten die Arbeitsbedingungen, stehen zudem als Vorbild im Fokus und sie sind selbst (wie die Mitarbeiter) von der ungewohnten Situation betroffen.
Die ersten der genannten Belastungen deckt das Online-Seminar für Führungskräfte ab, den letzten decken wir durch das Online-Seminar für Mitarbeiter ab. 

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