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Tools gegen digitalen Stress

Kopf in den Sand bei Veränderungen? Das hilft nicht, sagt Hye-Jung Chung. Sie hat in der ias-Gruppe bei der Entwicklung von Tools mitgewirkt, die Organisationen, Führungskräften und Mitarbeitenden ermöglichen, gut mit der Digitalisierung umzugehen

Arbeit & Gesundheit

Illustration digitale Arbeitsmittel

Welche Auswirkungen haben digitale Kommunikationstechnologien schon heute auf unsere Arbeitswelt und jeden Beschäftigen?

Bereits seit einigen Jahren kommen digitale Technologien in der Kommunikation und im Arbeitsalltag verstärkt zum Einsatz. Die Pandemie hat bei vielen Unternehmen zu einem regelrechten Digitalisierungsschub geführt. Jedes Unternehmen ist allerdings mit unterschiedlichen Voraussetzungen ins Rennen gegangen: Mitarbeitende mussten sich adhoc technisches Know-how aneignen und nebenher lernen, digital zu kommunizieren. Das bedeutet auch, dass sie zwangsläufig die verschiedenen Auswirkungen von digital bedingtem Stress kennenlernten und mit ihnen umgehen mussten.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie aus Unternehmen?

An die neue Form der Kommunikation, zum Beispiel über Videokonferenzen und andere digitale Arbeitsmittel, haben sich die meisten gewöhnt. Allerdings wurde durch das erzwungene mobile Arbeiten auch sehr schnell sicht- und spürbar, wo im Unternehmen Defizite in der Digitalisierung selbst und auch in der Kultur zu einem gesundheitsbewussten Umgang damit liegen. Aus diesem Grund kam es auch vermehrt zu erhöhtem Konfliktpotenzial. Die neu gewonnenen Kanäle, zum Beispiel Chatfunktionen, haben die Erreichbarkeit und somit auch das Risiko für mehr Ablenkung und Unterbrechungen erhöht. Aber nicht nur diese klassischen Belastungsfaktoren von digital bedingtem Stress sind wahrnehmbar, sondern auch Aspekte wie die Nicht-Verfügbarkeit von benötigten Technologien oder Themen wie mangelnde Erfolgserlebnisse.

Chung Hye-Jung, ias

Werden digitale Technologien und Medien langfristig als Arbeitsmittel eingesetzt, dann sollte ein gesunder Umgang mit diesen auch geschult werden.

Hye-Jung Chung

Psychologin bei der ias-Gruppe

Die Mitarbeitenden erleben gleichzeitig Vorteile und Risiken beim Arbeiten mit digitalen Technologien, können diese zum Teil aber nicht konkret benennen, weil das Wissen um digital bedingten Stress noch nicht umfassend vorhanden ist. Auch Führungskräfte stehen vor neuen Herausforderungen. Ihre Mitarbeitenden sind nicht mehr greifbar und Leistung sowie Gesundheit müssen aus der Ferne beurteilt werden. Auch sie sind auf digitale Technologien und Medien, insbesondere bei der Kommunikation, angewiesen, nehmen somit ihre Mitarbeitenden nur vermittelt wahr. Das bedeutet zum einen eine neue Art der Führung und Haltung, um Gesundheit und Produktivität zu optimieren, und zum anderen auch passendere Werkzeuge, um mit den neuen Rahmenbedingungen umzugehen.

Warum ist es wichtig, jetzt das Thema aufzugreifen? Wieso brauchen Mitarbeitende und Führungskräfte Unterstützung?

Für einige Unternehmen wird hybrides Arbeiten der neue Alltag werden. Werden digitale Technologien und Medien langfristig als Arbeitsmittel eingesetzt, dann sollte ein gesunder Umgang mit diesen auch geschult werden. Ein gemeinsames Verständnis muss aufgebaut werden, damit mögliche Risiken gezielt reduziert werden. 

Was können Unternehmen dazu beitragen, damit digitaler Stress minimiert wird?

Ein kompetenter Umgang mit digitalen Technologien und Medien entsteht auf mehreren Ebenen. Unternehmen können dazu beitragen, indem sie ihre Führungskräfte selbst zu dem Thema schulen und Möglichkeiten schaffen, gemeinsam zu lernen und zu wachsen. Auf diese Weise können sie mit gutem Beispiel vorangehen und die Wichtigkeit des Themas auch in ihren Teams betonen. Die Medienkompetenz der Mitarbeitenden sollte gezielt ausgebaut und unterstützt werden, damit jeder auch das passende Handwerkszeug hat, um mit den neuen Anforderungen umzugehen. Und letztlich muss auch auf Teamebene ein gemeinsamer passender Umgang mit digitalen Technologien und Medien vereinbart und transparent gemacht werden, zum Beispiel, was Erreichbarkeitsregeln angeht.

Die Anforderungen nehmen stetig zu und verlangen uns allen ab, aus unseren Komfortzonen zu kommen.

Welche Lösungen empfiehlt die ias-Gruppe, um beim gesunden und kompetenten Umgang mit digitalen Technologien zu unterstützen?

Mit unserer Kampagne „Gewappnet in ein neues Normal“ bieten wir unseren Kunden ein Blended-Learning- Konzept. Die Lernmodule, die sich mit Themen wie Technostress am Arbeitsplatz, mobile Arbeit, Monotasking und digitale Teamkommunikation beschäftigen, bestehen je aus einer Selbstlernphase und einem Online-Austausch, um voneinander zu lernen und Wissen zu vertiefen. Darüber hinaus gibt es Transferaufgaben, die sukzessive im individuellen Arbeitsalltag geübt und erprobt werden sollen.

Wir wählen also das für das Lernziel optimale Medium. Und um das Thema langfristig im Unternehmen zu etablieren und digitalem Stress kontinuierlich zu begegnen, bilden wir sogenannte Digi-Coaches im Unternehmen aus. Diese haben die Rolle, als Ansprechperson für Mitarbeitende zur Verfügung zu stehen, wenn es um digitalen Stress geht, aber auch die Rolle, proaktiv das Thema in Teams anzusprechen und zur Selbstreflexion anzuregen. Unsere Arbeitspsycholog:innen unterstützen Unternehmen zudem, ein digitales Leitbild zu entwickeln und im Unternehmen zu verankern. Auf dieser Basis können dann konkrete Regeln zur digitalen Kommunikation auf Teamebene erarbeitet werden.

Auf welchem wissenschaftlichen Hintergrund beruhen diese Web Based Trainings?

In alle Produkte sind Wissen und Erfahrung der ias-Kolleg:innen aus dem Forschungsprojekt „PräDiTec“ eingeflossen, das mit drei Jahren Laufzeit im März dieses Jahres zu Ende ging und an dem die ias aktiv mitgearbeitet hat. Vor allem die Vernetzung von theoretischem Wissen mit unserem praktischen Know-how und Erfahrungen vor Ort beim Kunden machen die Produkte rund und attraktiv.

Was denken Sie, wie wird sich Kompetenzaufbau in Unternehmen weiterentwickeln?

Die Anforderungen nehmen stetig zu und verlangen uns allen ab, aus unserer Komfortzone zu kommen. Das werden wir nur bedingt beeinflussen können, weil sie zum Fortschritt und zur Weiterentwicklung gehören. Aber Unternehmen können Mitarbeitenden mehr und bessere Ressourcen zugänglich machen, um mit veränderten Anforderungen umzugehen. Dazu zählt der Aufbau von Kompetenzen, aber auch ein hilfreiches Netzwerk. Dieses erreichen wir, indem wir aus Organisationen lernende Organisationen machen. Denn eine gesunde Lernkultur ist notwendig, um zukünftig für Veränderungen, wie beim Thema Digitalisierung, gewappnet zu sein.

Dieses Interview ist in dem ias-Kundenmagazin impulse erschienen, das Sie als ePaper abonnieren können.

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