Direkt zum Inhalt

Des einen Freiheit ist des anderen Risiko

In den Schwimmbädern sprudelt das Wasser, die Biergärten dienen frühsommerlichen Treffen unter Freunden und Schulen und Kindergärten öffnen – wenigstens für ein paar Stunden. Endlich wieder Alltag, Kollegen sehen, „auf Arbeit gehen“. Oft stimmt das aber noch nicht und vor allem nicht für jeden. Stichwort: Risikopersonen

Arbeitsschutz in Coronazeiten

Arbeiter

Wie unterscheidet sich der Wiedereinstieg von Arbeitnehmern, von denen die sich zur Gruppe der Risikopersonen zählen, zu denen, die es nicht tun? Wie kann er gut gelingen?

Der Vorgesetzte kann bestimmen, dass die Arbeit vor Ort erledigt werden muss. Der Mitarbeiter muss dort allerdings bestimmte Voraussetzungen antreffen, die im SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Arbeitsministeriums verbindlich festgelegt sind. Dazu zählen unter anderem Händehygiene, Abstandsregeln von 1,50 mindestens, und Atemschutzmasken, wenn dieser nicht möglich ist. Der Arbeitsschutz ist gefragt wie nie. Die Umsetzung braucht Expertise und Vorstellungskraft.

… doch was ist mit den Risikogruppen?

Recht auf Homeoffice? Das gibt es so nicht. Es ist üblich, dass Risikopatienten mit einem Attest vom Hausarzt zum Arbeitgeber gehen und somit auf ihr Recht hinweisen wollen, im Homeoffice weiterarbeiten zu können. Menschlich verständlich, mitunter aber nicht durchsetzbar, und auch nicht nötig, wenn der Arbeitgeber die im Arbeitsschutzstandard festgelegten Voraussetzungen einhält.

Zwei Fakten sind interessant zu wissen:

  1. Arbeitnehmer, die zur Risikogruppe gehören, haben das Recht auf eine Wunschvorsorge beim Betriebsarzt. Hier wird der Betriebsarzt eine risikobezogene Beratung durchführen und evtl. zusätzliche Schutzmaßnahmen empfehlen. Diese Empfehlung kann der Mitarbeiter dann dem Arbeitgeber vorlegen, so, dass dieser entsprechen reagieren kann.

  2. Sollten individuelle Schutzmaßnahmen im Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung zum Eigenschutz bestehen, sollten FFP2- oder FFP3-Masken (ohne Ausatemventil) getragen werden. Der Arbeitgeber wäre in diesem Fall verantwortlich dafür, dass diese in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen um das Wechselintervall zu ermöglichen, sofern ein Einsatz aus betrieblichen Gründen im Homeoffice nicht möglich ist. Sein Schutz muss also über den einer OP-Maske oder Community-Maske hinausgehen. Diese dienen vor allem dem Schutz Anderer vor den eigenen Viren. FFP Masken hingegen schützen den Masketragenden vor einer Ansteckung.

mehr erfahren

Sicher arbeiten in der Pandemie

Arbeitsschutz in Zeiten des Coronavirus

Die Rolle der Psyche bei der Rückkehr zur Arbeit

Die seelische Verfassung der Mitarbeiter ist spätestens mit der gesetzlichen Verankerung der Gefährdungsbeurteilung Psychischer Belastungen (GB Psych) in den Fokus unternehmerischer Verantwortung gerückt. In Coronazeiten spielt die Psyche eine besonders große Rolle: die veränderten Bedingungen, stellen nicht nur Risikopersonen vor große psychische Herausforderungen.

Die Zeiten von Warten, und Wägen rufen ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit und Vertrauen hervor. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben bedeutet das: Vertrauen darauf, dass der Arbeitgeber tut, was in seiner Macht steht, und was gesetzlich vorgeschrieben ist, um seine Mitarbeiter zu schützen. Auch Solidarität ist ein absichernder Faktor: jeder 1,50 Abstand und Mundschutz in der Kaffeeküche nutzen nichts, wenn die Mitarbeiter darin nachlässig werden, sich die Hände und gemeinsam genutzte Oberflächen nicht regelmäßig gereinigt werden. Die Verantwortung für den Anderen bleibt also auch bei jedem Einzelnen weiter bestehen.

Was unterstützt wann

Auch Personen ohne ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines schweren Verlaufs einer CoViD-19 erleben die aktuelle Situation teilweise als sehr belastend. Die zwei Ebenen: Psyche und Physis müssen zusammen gedacht werden. Mitarbeiter wollen sich körperlich geschützt fühlen, und müssen Vertrauen zurückgewinnen. Als Unternehmen ist es spätestens jetzt sinnvoll, zusätzliche Angebote zur Unterstützung der Mitarbeiter zu machen (z.B. ein Employee Assistance Programm „EAP“), um den Beschäftigten zusätzliche Unterstützung bei ungewohnter zusätzlicher Belastung zu gewährleisten. Die Kommunikation sollte einheitlich und aufgeräumt sein, regelmäßig stattfinden (Dazu Tipps von ias-Experten Thomas Schneberger zum Thema Führen in Krisen).

Nadija Amjad-Prietzel, Leiterin Kompetenzfeld Psychosoziale Beratung

Die Corona-Krise verstärkt bestehende Konfliktsituationen.

Nadja Amjad-Prietzel

Regionalleitung der EAP Mitarbeitenden- und Führungskräfteberatung, Region West / Süd-West

Manchmal kann das Erleben über das „normale“ Maß von Unsicherheit und Angst in herausfordernden Situationen hinausgehen. Ist das der Fall, kann der Betriebsarzt daraus keine Empfehlungen für das Unternehmen ableiten, sondern wäre das ein individueller Sonderfall. Seelische Notsituationen sind, sofern sie nicht mit EAP aufgefangen werden können, ein Fall für den Hausarzt bzw. einen Psychologen und haben häufig tiefergehende, unter anderem auch im privaten Umfeld liegende Ursachen.

Diesen Artikel teilen

Lesen Sie mehr

ias-Kundenmagazin

Spezial zum Thema Vernetzte Gesundheit

zum E-Paper

impulse