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Hilfe nach einer Corona-Erkrankung

Dr. med. Sigrid Weißbach, Fachleitung Arbeitsmedizin, über die Langzeitfolgen von COVID-19 und die Rolle der Arbeitsmedizin bei der beruflichen Wiedereingliederung von Post-COVID-Patient:innen.

Arbeitsmedizin

Zwei gezeichnete Hände mit verknoteten Fäden

Wir sind im dritten Jahr der Corona-Pandemie – derzeit mit insgesamt mehr als 33 Millionen gesicherten positiven Fällen und hoher Dunkelziffer. Bis Ende März wurden im Gesundheitswesen 254.732 Verdachtsanzeigen auf eine SARS-CoV-2 Infektion als Berufskrankheit gestellt und 146.000 Anträge anerkannt. COVID-19 stürmt damit an die Spitze der Berufskrankheiten, gefolgt von Hauterkrankungen und Lärmschädigung. In der Mehrzahl der Fälle heilt die Multiorgan-Erkrankung ab. In rund zehn Prozent der Fälle treten jedoch Langzeitfolgen auf – auch nach einem zuvor leichten oder symptomarmen Krankheitsverlauf. Frauen, Ältere, vulnerable Vorerkrankte und Ungeimpfte sind häufiger betroffen.

Erste:r Anprechpartner:in während der Erkrankung und ihrer möglichen Folgesymptome ist der Hausarzt oder die Hausärztin. Die Symptome von Post- oder Long-COVID können erhebliche Belastungseinschränkungen über Monate hervorrufen. Erst wenn die ambulante Krankenversorgung mit ärztlicher Behandlung, fachärztlicher Abklärung, Physiotherapie, Ergo- und Psychotherapie mit intensiven Eigenübungen in der Rekonvaleszenz versagt, vermitteln Hausärzt:innen weiter in ambulante oder stationäre Rehabilitation. Sie kann eine drohende Gefährdung der Erwerbsfähigkeit abwenden.

Portrait von Dr. med. Sigrid Weißbach

Für eine nachhaltige Wiedereingliederung ist vor allem eine präventive Gestaltung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen wichtig.

Dr. med. Sigrid Weißbach

Fachleitung Arbeitsmedizin

Die Beschwerden sind vielgestaltig und benötigen daher auch die Einbeziehung verschiedener medizinischer Disziplinen, die alle begleitenden Gesundheitsstörungen und Vorerkrankungen mitberücksichtigen.

Die Ursache der Symptome ist nicht gesichert; die Diagnosestellung schwierig. Es gibt keine gezielte Behandlung oder biomedizinische Therapiemöglichkeiten. Die Maßnahmen dienen der symptomatischen Behandlung.

Broschüren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die deutschen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin sollen die Patient:innen zum informierten Selbstmanagement anleiten und sie unterstützen, aktiv zur Genesung beizutragen. Symptomtagebücher zu führen und Gesundheitsziele festzulegen, die an die eigenen Möglichkeiten angepasst sind, ist hilfreich.

Aufgaben für Wiedereinstieg anpassen

Wir Arbeitsmediziner:innen beraten Arbeitgebende, Betriebsräte und Klient:innen im Betrieb über Möglichkeiten der Genesung (eventuell auch die Vermittlung in eine Reha) und Wiedereingliederung in die Arbeit. Dazu informieren wir in Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses, in Besprechungen mit Personaler:innen und Führungskräften über das Thema der möglichen verzögerten Rekonvaleszenz mit langer Arbeitsunfähigkeit und verlängertem Wiedereingliederungsprozess. Wir sprechen uns  aus für eine frühzeitige Kontaktaufnahme und Gespräche darüber, wie und wann es Betroffenen erleichtert werden kann, stufenweise wieder in die Arbeit einzusteigen. Für eine nachhaltige Wiedereingliederung ist vor allem eine präventive Gestaltung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen wichtig. Es kann helfen, zunächst den Workload von Betroffenen zu vermindern oder ihnen eine weniger stressige Aufgabe anzubieten.

Therapieziele sind:

  • Symptomlinderung
  • Chronifizierung vermeiden
  • Erlernen alternativer Bewältigungsstrategien
  • Überlastung vermeiden
  • Komplette körperliche Schonung vermeiden

Arbeitnehmende und Arbeitgebende sollten gemeinsam Wege finden, wie sie zu guten Lösungen kommen. In jedem einzelnen Fall wird justiert, was noch möglich ist, damit die Wiedereingliederung gelingt. Die von den gesetzlichen Krankenkassen getragene stufenweise Wiedereingliederung ist in der Regel auf sechs Wochen bis sechs Monate ausgelegt, kann im Einzelfall aber auf zwölf Monate verlängert werden. Zu beachten ist, dass nach 18 Monaten eine Aussteuerung erfolgt.

Präventiv raten wir Arbeitsmediziner:innen zur Impfung oder wiederholten Auffrischungsimpfung gegen SARS-CoV-2-Infektionen. Eine Infektion wird durch sie nicht verhindert, aber die Schwere des Verlaufs abgemildert, und es kommt auch zu weniger Langzeitfolgen. Lieber ein Piks als Long-COVID. Die Impfungen verringern die Wahrscheinlichkeit auf Folgeerkrankungen um bis zu 50 Prozent. Für kognitiv neurologische Folgen gilt das nur eingeschränkt. Das ist für viele eine Motivation, sich – auch wiederholt, nach STIKO-Empfehlung – impfen zu lassen.

Empfehlung

Betroffene sollten Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufnehmen. Foglende Broschüren und Portale helfen:

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