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Lebensmodell und Wirtschaftsfaktor: Die ias-Experten im Longevity-Interview

Die Longevity Economy wächst rasant. Doch welche Produkte und Dienstleistungen machen Sinn, was ist wissenschaftlich nicht haltbar? Dr. Anne-Kathrin Collisi erklärt, welchen medizinischen Hintergrund das Konzept Longevity hat, während Edgar Dockhorn den Megatrend als Wirtschaftsfaktor bewertet.

Prävention

Während die einen im hohen Alter noch einen Marathon laufen, klagen die anderen über Hüftschmerzen oder zu hohen Blutdruck. Menschen altern ganz unterschiedlich – gemeinsam haben sie jedoch, dass sie den Lauf der Zeit nicht aufhalten können. Zugegeben, der Marathon dient uns als überspitztes Beispiel und Hüftschmerzen oder hoher Blutdruck sind keine pauschalisierbaren Alterserscheinungen, ein Leben ohne Schmerzen oder Erkrankung kann jedoch auch im Alter ein durchaus realistisches Ziel sein. Das passende Konzept dazu heißt Longevity – zu Deutsch: Langlebigkeit. Es umfasst das Streben nach einem langen und gleichzeitig gesunden Leben. Dabei geht es nicht nur darum, das Lebensalter zu verlängern, sondern vor allem die gesunden Lebensjahre zu maximieren. Welchen medizinischen Hintergrund der Megatrend hat und wieso er zugleich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, erklären die ias-Experten Dr. Anne-Kathrin Collisi, leitende Ärztin der ias PREVENT Berlin, und Geschäftsführer Edgar Dockhorn im Interview. 

Frau Dr. Collisi, wieso werden wir immer älter – und welche „Begleiterscheinungen“ ergeben sich daraus?

Biologisch gesehen altern wir nach wie vor nach einem genetisch vorgegebenen Muster. Was sich jedoch stark verändert hat, sind unsere Lebensbedingungen, der medizinische Fortschritt und unser Lebensstil. Auch leben wir heute länger, weil wir beginnende oder potenziell tödliche Krankheiten wie Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebserkrankungen früher erkennen und oft gut behandeln können oder diese durch gezielte Präventionsmaßnahmen gar nicht erst auftreten. Die mentale Gesundheit ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil des gesunden Alterns. Studien zeigen, dass Menschen mit hoher emotionaler Resilienz, einem stabilen sozialen Netzwerk und einer positiven Lebenseinstellung länger leben und seltener schwer erkranken.

Mit der steigenden Lebenserwartung wächst aber leider auch die Zahl der Menschen, die über längere Zeiträume an chronischen Erkrankungen leiden. Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose oder neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz nehmen im Alter zu und gehen oft mit einem hohen Pflegebedarf einher. Das führt zu einer spürbaren Belastung für das Gesundheitswesen, sowohl wirtschaftlich als auch personell.

Portrait von Dr. Dr. Anne-Kathrin Collisi

Regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, guter Schlaf, psychosoziale Stabilität und regelmäßige medizinische Check-ups tragen entscheidend dazu bei, gesund älter zu werden.

Dr. Anne-Kathrin Collisi

Leitende Ärztin ias PREVENT Berlin

Welche gesundheitlichen Risikofaktoren nehmen im Alter zu und können diese durch Prävention minimiert werden?

Im Alter kommen vor allem Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, chronische Entzündungen, hormonelle Dysbalancen und Bewegungsmangel zum Tragen. Auch Sarkopenie, also der altersbedingte Muskelabbau, ist ein bedeutender Risikofaktor, ebenso wie kognitive Einschränkungen oder ein nachlassendes Immunsystem.

Viele dieser Faktoren sind jedoch nicht unausweichlich, sondern durch gezielte Prävention beeinflussbar. Regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, guter Schlaf, psychosoziale Stabilität und regelmäßige medizinische Check-ups tragen entscheidend dazu bei, gesund älter zu werden. Besonders effektiv ist eine personalisierte Prävention, wie die ias PREVENT sie anbietet, die biologische Marker wie das epigenetische Alter, die Gefäßgesundheit oder die Muskelkraft berücksichtigt und daraus konkrete Empfehlungen ableitet.

Was ist der Unterschied zwischen Longevity und Healthy Ageing?

Beide Begriffe beschäftigen sich mit dem Altern, setzen jedoch unterschiedliche Schwerpunkte. Healthy Ageing beschreibt vor allem das Ziel, auch im hohen Alter möglichst aktiv, unabhängig und gesund zu bleiben. Es ist ein Konzept, das häufig in der öffentlichen Gesundheitsförderung verwendet wird und sich auf Lebensqualität im Alter konzentriert.

Longevity geht einen Schritt weiter. Es umfasst die wissenschaftlich fundierte und individualisierte Strategie, nicht nur gesund zu altern, sondern den Alterungsprozess selbst zu verstehen und gezielt zu verlangsamen. Dabei kommen Methoden aus der Epigenetik, Molekularmedizin, Bewegungswissenschaft und Ernährungstherapie zum Einsatz. Der entscheidende gemeinsame Nenner beider Ansätze ist jedoch die Verlängerung der gesunden Lebensspanne, nicht nur die Vermeidung von Krankheit.

Und was ist in diesem Kontext der Healthspan-Lifespan-Gap - wie lässt er sich verkleinern?

Der Healthspan-Lifespan-Gap beschreibt die Lücke zwischen der gesamten Lebensdauer (Lifespan) und der Zeit, in der ein Mensch gesund und funktionsfähig ist (Healthspan). Unser Ziel in der Präventionsmedizin ist es, diese Lücke zu verkleinern. Das gelingt durch frühzeitige Diagnostik, Lebensstilinterventionen und individualisierte Maßnahmen, etwa gezieltes Muskeltraining, Stressreduktion oder eine entzündungsarme Ernährung. Je früher man beginnt, desto mehr gesunde Jahre können gewonnen werden – idealerweise weit bevor erste Symptome auftreten.

Unser Angebot zu Healthy Longevity

Der Healthy Longevity Check-up bietet eine fundierte Analyse Ihres aktuellen Gesundheitszustands und ermittelt individuelle Risikofaktoren für altersbedingte Erkrankungen. 

Herr Dockhorn, als Teil der „Silver Economy“ wird Longevity als einer der nächsten Megatrends angesehen – die „Longevity Economy“ wächst rasant, die Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen auch. Worauf sollten Konsumenten achten:

Welche „Longevity Trends“ sind wissenschaftlich nicht haltbar, welche Angebote hingegen sinnvoll? 

Die sogenannte Longevity Economy entwickelt sich rasant, doch nicht alles, was unter dem Label „Anti-Aging“ oder „Longevity“ vermarktet wird, ist auch medizinisch fundiert. Skepsis ist immer dann angebracht, wenn schnelle Verjüngung ohne Lebensstiländerung versprochen wird oder wenn Therapien ohne solide wissenschaftliche Grundlage angeboten werden.

Seriöse Angebote hingegen basieren auf wissenschaftlich validierten Verfahren. Dazu gehören umfassende evidenzbasierte Gesundheitschecks, biomarkerbasierte Empfehlungen oder evidenzbasierte Programme zu Bewegung, Ernährung und mentaler Gesundheit. Konsumentinnen und Konsumenten sollten auf Qualitätssiegel, ärztliche Begleitung und Transparenz bei der Methodik achten.

Edgar Dockhorn

Unternehmen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren, handeln nicht nur sozial verantwortlich, sondern auch wirtschaftlich klug.

Edgar Dockhorn

Geschäftsführer ias PREVENT

Inwieweit profitieren auch Unternehmen davon, wenn sie in die langfristige Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren?

Unternehmen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren, handeln nicht nur sozial verantwortlich, sondern auch wirtschaftlich klug. Gesunde, resiliente Mitarbeitende sind leistungsfähiger, motivierter und weniger krank. Vor allem in einer älter werdenden Gesellschaft wird es entscheidend sein, Erkrankungen nicht nur zu behandeln, sondern ihnen vorzubeugen. 

Longevity-orientierte Check-ups mit dem Fokus personalisierte Prävention, gezielte Programme zur Stressbewältigung, Bewegungsförderung oder individuelle Gesundheitscoachings zahlen sich langfristig aus – für die Mitarbeitenden und für das Unternehmen. Sie stärken nicht nur die Produktivität, sondern auch die Arbeitgeberattraktivität. Prävention ist kein Kostenfaktor, sondern eine Investition in Zukunftsfähigkeit. Letztlich bedeutet Longevity im Unternehmenskontext: Wer heute präventiv denkt, stärkt morgen seine Wettbewerbsfähigkeit – wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich.

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