Fettstoffwechselstörungen: LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a)
Dr. med. Zeynep Welhusen, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, erklärt, worauf Sie bei LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a) achten sollten – und wie Sie durch individuelle Prävention Ihre Herzgesundheit langfristig schützen können.
Prävention

Dr. med. Zeynep Welhusen
Ärztin ias PREVENT München, Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie, Sportkardiologie (Stufe 1), Kardiale Computertomografie (Level II), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-Herz- und Kreislaufforschung e.V., Sachkunde „Spezielle kardiovaskuläre Prävention“

Das Thema Gesundheit und Prävention liegt der ias PREVENT besonders am Herzen – im wahrsten Sinne des Wortes. Schließlich können die meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie beispielsweise ein Herzinfarkt oder Schlaganfall, vermieden werden, wenn im Vorfeld von einer Fachärztin oder einem Facharzt die richtigen präventiven Therapiemaßnahmen getroffen werden. Durch eine frühzeitige Primärprävention kann beispielsweise die langsam fortschreitende, durch eine Fettstoffwechselstörung ausgelöste Atherosklerose gut behandelt und in Folge dessen eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zum größten Teil umgangen werden. Fettstoffwechselstörungen gehören neben Bluthochdruck, Diabetes Mellitus und Rauchen zu den Hauptrisikofaktoren, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen können.
Atherosklerose – die häufigste Todesursache in Deutschland
Trotz der Tatsache, dass Atherosklerose in der weltweiten Forschung immer mehr an Interesse gewinnt, ist die Mortalitätsrate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erschreckend hoch. Laut dem Statistischen Bundesamt waren 33,9 Prozent der Todesfälle im Jahr 2023 auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Bei der Atherosklerose bilden sich sogenannte „Plaques“. Das sind Ablagerungen aus Cholesterin, faserigem Gewebe und Immunzellen, die sich im Inneren von Arterien absetzen. Sie engen das Lumen der Blutgefäße nach und nach schleichend ein, so dass weniger Sauerstoff in das Körpergewebe gelangen kann. Bekannte Folgeerkrankungen können ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder Raucherbein sein. Mittels einer Blutuntersuchung können erhöhte Cholesterinwerte oder erhöhte Lipoprotein (a)-Werte rechtzeitig erkannt und die Entstehung einer Atherosklerose in den meisten Fällen vermieden werden.
Doch, wie genau definiert sich der Cholesterinwert im Vergleich zum Lipoprotein(a)-Wert?
Cholesterin:
Cholesterin bildet einen wichtigen Bestandteil der Zellen, welcher in der Leber produziert und über den Darm durch die Ernährung aufgenommen wird.
- LDL-Cholesterin: Das „Low Density Lipoprotein“ hat eine niedrige Dichte und ist für den Transport des Cholesterins in die Zellen zuständig. Es zählt in der Forschung als Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose.
- HDL-Cholesterin: Das „High Density Lipoprotein“ weist eine hohe Dichte auf. Es besitzt gefäßprotektive Eigenschaften und ist für den Transport des Cholesterins zurück in die Leber verantwortlich.
Lipoprotein (a)-Wert:
Das sogenannte Lipoprotein verfügt über eine niedrige Dichte und ist an das Apolipoprotein (a) gebunden. Der Lipoprotein (a)-Wert bildet einen unabhängigen, starken Risikofaktor für die Entstehung einer atherosklerotischen Herzerkrankung oder Aortenklappenstenose.
- 90 Prozent des Lipoprotein (a) ist genetisch determiniert.
- 20 Prozent der Bevölkerung weisen einen hohen Lp(a)-Wert auf.
- Atherogener (fördernd für die Entstehung für Atherosklerose) als LDL-Cholesterin.
Mögliche Therapiemaßnahmen zur Senkung des LDL-Cholesterinwerts
1. Lebensgewohnheiten ändern:
- Auf mediterrane Kost umstellen und ballaststoffreich ernähren, so weit wie möglich auf Transfette und gesättigte Fette verzichten.
- Rauchen und Übergewicht vermeiden.
- Regelmäßiges Ausdauer- und Krafttraining in den Alltag einbauen.
2. Medikamentöse Behandlung:
Es gibt zahlreiche Medikamente wie Statine, Ezetimib, Bempedoinsäure, PCSK-9-Hemmer, die zur Reduktion des LDL-Cholesterinwerts eingesetzt werden und sich als Kombinationstherapie als sinnvoll erwiesen haben.
Was sind die Grenzwerte für das LDL-Cholesterin?
Der Zielwert für LDL-Cholesterin ist immer individuell abhängig von der Risikokategorie der Patient*innen und wird nach SCORE2 der European Society of Cardiology (ESC) bemessen. SCORE2 ist ein Risikorechner, der das Herz-Kreislauf-Risiko für die nächsten 10 Jahre einschätzt. Um das Risiko zu ermitteln, werden folgende Faktoren wie Alter, Geschlecht, Blutdruck, Raucherstatus und Cholesterinwerte berücksichtigt.
Anhand des SCORE2 gelten entsprechende Zielwerte für das LDL-Cholesterin:
- niedrig bis moderates Risiko: <100 mg/dl
- hohes Risiko: <70 mg/dl
- sehr hohes Risiko: < 55 mg/dl
Achtung! In einigen Spezialsituationen ist die Risikoeinschätzung mittels SCORE2 unterschätzt:
- Atherosklerose in der Bildgebung, beispielsweise bei einer Ultraschalluntersuchung der Halsschlagader
- bei familiärer Hypercholesterinämie
- wenn der LDL-Cholesterinwert in der Laboruntersuchung über 190 mg/dl liegt
- bei Diabetes Mellitus
- bei chronischer Niereninsuffizienz
- nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, hierbei ist die Sekundärprävention höchst relevant, denn es besteht ein sehr hohes Risiko für ein zweites Ereignis
Längerfristiges Therapieziel: den LDL-Cholesterinwert je nach Risikosituation auf unter 70 mg/dl oder unter 55 mg/dl zu reduzieren.
Was sind die Grenzwerte für das Lipoprotein(a)?
Mindestens einmal im Leben sollte man seinen Lipoprotein(a)-Wert bestimmen, um kardiovaskuläre Risiken zu minimieren – vor allem, wenn familiäre Hypercholesterinämie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen/Atherosklerose vorliegen oder die Atherosklerose trotz erreichtem Ziel-LDL-Cholesterin weiterhin fortschreitet.
- Normal: <30 mg/dl oder <75 nmol/L
- Grenzwertig/Grauzone: 30-50 mg/dl oder 75-125 nmol/L
- Erhöht: >50 mg/dl oder >125 nmol/L
Therapieoptionen zur Reduktion des Lipoprotein(a)-Werts
Forschungen haben gezeigt, dass optimierte Lebensstilmaßnahmen keinen relevanten Einfluss auf die Senkung des Lipoprotein(a)-Spiegels haben. Weiterhin gibt es aktuell keine zugelassenen medikamentösen Therapieoptionen zur spezifischen Lipoprotein (a)-Senkung, weswegen es einer strengeren Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren, beispielsweise durch Nicht-Rauchen sowie einer Blutdruck- und Cholesterineinstellung nach ESC-Leitlinien bedarf.
Folgende engmaschige Kontrollen sind empfehlenswert:
- Ultraschallkontrolle des Gefäßstatus in ein- bis zweijährlichen Abständen
- Lipoproteinapherese bei progredienter Atherosklerose trotz optimaler Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren
Fazit
Durch eine frühzeitige, individualisierte Risikoeinschätzung sowie Primärprävention, die eine Optimierung des eigenen Lebensstils und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie umfassen, können kardiovaskuläre Risikofaktoren und somit Folgeerkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle oder Raucherkrankheiten größtenteils reduziert bzw. ganz vermieden werden.
Im Rahmen unserer Gesundheits-Check-ups können durch individualisierte Risikoeinschätzung mittels klinischer, laborchemischer und apparativer Diagnostik konkrete Empfehlungen zur Lebensstiländerung und medikamentösen Therapieoptionen getroffen werden.
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